Erker
S.`Vorbauten`
Ermessen
Im öffentlichen Baurecht gibt es zahlreiche Fälle, in denen das
behördliche Ermessen eine Rolle spielt. Immer dann, wenn in den Vorschriften
das Wörtchen `kann` steht, bedarf die Anwendung der Vorschrift einer
Ermessensentscheidung. Die Bauaufsichtsbehörde muss ihr Ermessen pflichtgemäss
ausüben. Eine richtige Ermessensausübung liegt vor, wenn sie
unter Berücksichtigung aller im Einzelfall zu würdigenden Umständen
sachgerecht erfolgt. Es gibt Fälle, in denen das Ermessen `auf Null`
reduziert ist. So hat z.B. ein Nachbar Anspruch auf eine behördliche
Baueinstellung, wenn sein Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung besitzt, obwohl
eine Baueinstellung an sich im Ermessen der Behörde liegt.
Ermessungsentscheidungen trifft die Bauaufsichtsbehörde insbesondere
bei Abweichungen, Abruchsanordnungen, Baueinstellungen und Baubeseitigungsanordnungen.
In den 3 letztgenannten Fällen ist die getroffene Ermessensentscheidung
nachvollziehbar zu begründen. Im Fall von Abweichungen [s.dort] ist
eine Begründung nur dann erforderlich, wenn von nachbarschützenden
Vorschriften abgewichen wird und der betreffende Nachbar nicht zugestimmt
hat.
Behördliche Ermessungsentscheidungen unterliegen im Rechtsbehelfsverfahren
der gerichtlichen Überprüfung. Bei unrichtiger Ermessensausübung
wird die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde aufgehoben. Die Verwaltungsgerichte
können aber die fehlerhafte Ermessensentscheidung nicht ersetzen.
Vielmehr ist es Aufgabe der Behörde, unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts eine neue und richtige Ermessungsentscheidung zu treffen [s.
auch unter `Abwägungsgebot`].
Erschliessung
Grundvoraussetzung für die Erteilung einer Baugenehmigung und für
die Genehmigungsfreistellung ist eine gesicherte Erschliessung. Zur Erschliessung
im Sinne des öffentlichen Baurechts gehören eine gesicherte Zufahrt,
eine ausreichende Wasserversorgung und eine ordnungsgemässe Abwasserbeseitigung.
Zur gesicherten Zufahrt zählt auch, dass das Baugrundstück in
ausreichender Breite an einer öffentlichen Verkehrsfläche liegt
[Abweichungen gibt es bei Wohnwegen von begrenzter Länge z.B.].
Der Erschliessungsumfang richtet sich nach der Art des Bauvorhabens. So
müssen für die Errichtung einer landwirtschaftlichen Gerätehalle
die Zufahrt und die Beseitigung des Oberflächenwassers gewährleistet
sein, während es einer Wasserversorgung nicht bedarf.
Erschliessungsanlagen sind die kommunalen Einrichtungen [Ortsstrasse, gemeindliche
Wasserversorgungsanlage, Ortskanal]. Private Erschliessungseinrichtungen
wie private Wohnwege, eigener Brunnen, Hauskläranlage kommen nur in
wenigen Ausnahmefällen in Betracht.
Die Herstellung der Erschliessungsanlagen ist eine Pflichtaufgabe der Gemeinde.
Wenn auch der einzelne Bürger keinen unmittelbaren Rechtsanspruch
auf Erschliessung besitzt, ist eine Gemeinde, die ein Baugebiet ausgewiesen
hat, verpflichtet, innerhalb einer angemessenen Frist [etwa 3 Jahre nach
Inkrafttreten des Bebauungsplanes] die Erschliessungseinrichtung herzustellen.
Im Regelfall stellen die Gemeinden die Erschliessungsanlagen so rechtzeitig
her, dass sie spätestens zur Bezugsfertigkeit der ersten Gebäude
die Anlagen benutzbar zur Verfügung stehen.
Der den Gemeinden entstehende ungedeckte Erschliessungsaufwand kann bis
zu 90% auf die beteiligten Bürger umglegt werden. Die restlichen 10%
trägt die Gemeinde. Über Widersprüche entscheidet das Sachgebiet
für Kommunalaufsicht beim Landratsamt.
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