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Nachbar Im öffentlichen Baurecht hat der Nachbar eine besondere Rechtsstellung: Er ist Verfahrensbeteiligter. Nachbar im Sinne des Baurechts sind die grundbuchmäßigen Eigentümer der benachbarten Grundstücke. Ein Erbbauberechtigter tritt an die Stelle des Eigentümers und erlangt dadurch Nachbareigenschaft. Sind mehrere Personen Miteigentümer (z.B. Eheleute, Erbengemeinschaften, Eigentümergemeinschaft), so ist jeder einzelne Nachbar. Keine Nachbarn sind hingegen Mieter und Pächter; ihre Rechte nimmt der Eigentümer wahr, soweit sich Rechte aus dem Miet- bzw. Pachtverhältnis ableiten lassen.
Der Käufer eines Grundstücks, auf den der Besitz sowie Nutzungen und Lasten übergegangen sind und zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist, hat nach der Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichtes eine eigentumsähnliche nachbarrechtliche Abwehrposition gegen eine Baugenehmigung auf dem Nachbargrundstück, d.h., er kann sich wie ein (echter) Nachbar gegen eine Baugenehmigung wehren, obwohl er noch nicht Eigentümer des Grundstücks ist . Der Inhaber eines Vorkaufrechts besitzt eine solche Rechtsposition nicht.
Benachbarte Grundstücke sind alle Grundstücke, auf die sich das betreffende Bauvorhaben rechtlich oder tatasächlich auswirken kann. Eine Definition oder Abgrenzung, welche Grundstücke als Nachbargrundstücke gelten, gibt es in der Bayerischen Bauordnung nicht. Es kommt vielmehr immer auf den konkreten Einzelfall an. In den meisten Fällen, vor allem bei Wohngebäuden sind die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke als Nachbarn zu betrachten. Aber es gibt auch zahlreiche Fälle, in denen dies nicht zutrifft. Insbesondere bei emittierenden Vorhaben (z.B.Schweinestall, Schreinerei, Kraftfahrzeugwerkstatt, Sägewerk, Einkaufsmarkt, Diskothek usw.) gelten auch weiter entfernte Grundstücke als Nachbargrundstücke, denn die von solchen Betrieben ausgehenden Emissionen enden nicht an den Grundstücksgrenzen. Grundstücksstreifem zwischen 2 Baugrundstücken (z.B. schmale Straße, Fußweg, Bach) verhindern grundsätzlich nicht die Nachbareigenschaft. Schließlich gilt auch der sogenannte Punktnachbar, dessen Grundstück das Baugrundstück nur in einen Punkt (Grenzstein) berührt, als Nachbar.
Anderseits gibt es auch Fälle, bei denen nicht einmal die Angrenzer Nachbarn sind, z.B. bei Änderungen im Gebäudeinnern, Fassadenänderungen, Werbeanlagen, und dgl. Bei Nebengebäuden und Nebenanlagen werden die Eigentümer, die auf der entgegengesetzten Seite angrenzen, im allgemeinen nicht mehr als Nachbar betrachtet. So berührt beispielsweise eine Garage, ein Gartengerätehaus oder eine Stützmauer an der östlichen Grundstücksgrenze normalerweise nicht die nachbarrechtlichen Rechte des Angrenzers auf der Westseite und umgekehrt. Entscheidend für die Nachbareigenschaft ist also in jedem Fall, ob duch die Ausführung oder Nutzung eines Bauvorhabens ein Grundstückseigentümer in der näheren Umgebung des Baugrundstücks nach objektiver Beurteilung in seinen öffentlichen Rechten berührt werden kann oder nicht.
Weitere Ausführungen in diesem Zusammenhang sind unter `Nachbarbeteiligung´, ´Nachbarrechte´, `Nachbarschützende Vorschriften´ und ´Rücksichtnahmegebot´zu finden.


Nachbarbeteiligung Hier muß man zunächst zwischen der Beteiligung im Baugenehmigungsverfahren und der Beteiligung im Freistellungsverfahren s. Genehmigungsfreistellung unterscheiden.
Im Baugenehmigungsverfahren muß der Bauherr oder sein Beauftragter (z.B. der Entwurfverfasser) dem Nachbarn den Lageplan und die Bauzeichnung zur Unterschrift vorlegen. Jeder Nachbar muß die Möglichkeit haben, die Unterlagen in Ruhe einzusehen, damit er erkennen kann, ob seine öffentliche Nachbarrechte gewahrt sind. Unterschreibt der Nachbar, dann hat er dem Bauvorhaben zugestimmt. Die nachbarliche Unterschrift (Zustimmung)bedeutet praktisch einen Rechtsmittelverzicht. Legt ein Nachbar trotz geleisteter Unterschrift einen Rechtsbehelf gegen die Baugenehmigung ein, so ist dieser wegen fehlenden Rechtsschutzinteresse unzulässig. Dies gilt dann nicht,wenn der Nachbar seine Unterschrift vor Erteilung der Baugenehmigung zurückgezogen hat.
Bei Eigentümereigenschaften nach dem Wohnungseigentumsgesetz genügt die Planvorlage an den Verwalter, wobei aber dessen Unterschrift nicht als Zustimmung der einzelnen Wohnungseigentümer gilt.
Fehlt eine Nachbarunterschrift, so kann die Gemeinde den Nachbarn auf Antrag des Bauherrn benachrichtigen. Sie muß es nicht tun (Ermessen der Gemeinde). Die bisherigen Erfahrungen zeigen, daß die Gemeinden des Landkreises Rhön-Grabfeld keine Benachrichtungen durchführen. Die Benachrichtung unterbleibt auf jeden Fall, wenn der Nachbar die Unterschrift bereits gegenüber der Gemeinde oder der Bauaufsichtsbehörde verweigert hat.
Ist ein Nachbar nur unter Schwierigkeiten zu ermitteln oder zu erreichen, etwa weil sein Aufenthalt unbekannt ist oder weil er sich längere Zeit im Ausland aufhält, genügt es, wenn der Bauherr den unmittelbaren Besitzer (z.B. den Wohnungsinhaber)benachrichtigt. Sind mindestens zehn Nachbarn mit gleicher Interessenlage in einem Baugenehemigungsverfahren beteiligt, kann die Bauaufsichtsbehörde die Bestellung eines Vertreters verlangen.
Im Freistellungsverfahren muß der Bauherr die Nachbarn spätestens mit dem Einreichen seiner Bauvorlagen bei der Gemeinde benachrichtigen. Da der Gesetzgeber die Form der Benachrichtigung nicht geregelt hat, würde beispielsweise ein Telefonanruf, eine Postkarte, ein Telefax, eine Kurzmittelung oder dgl. ausreichen. Empfehlenswert ist eine solche knappe Information sicher nicht, denn wenn ein Nachbar keinerlei Pläne sieht und keine exakten Angaben z.B. über die Gebäudehöhe und den Abstand zu seiner Grenze erlangt, wird er viel eher geneigt sein, die Bauaufsichtsbehörde um eine Überprüfung bzw. Baukontrolle zu bitten, als wenn er den Lageplan und die Bauzeichnungen eingesehen hat. Um mögliche Mißverständnisse von vornherein zu vermeiden und eine gute nachbarschaftliche Beziehung zu begründen, empfiehlt der Verfasser, die Nachbarn durch Vorzeigen der Planunterlagen zu informieren.
Was geschieht, wenn ein Nachbar mit einem Bauvorhaben nicht einverstanden ist? Im Baugenehmigungsverfahren muß die Bauaufsichtsbehörde jedem Nachbarn, der die Unterschrift verweigert hat, eine Ausfertigung der Baugenehmigung förmlich zustellen. Bei mehr als 50 beteiligten Nachbarn kann die Zustellung durch eine öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt ersetzt werden. In allen anderen Fällen erfolgt die Zustellung in der Regel durch einen Einschreibebrief. Die Zustellung mit Postzustellungsurkunde oder durch eine persönliche Übergabe in der Bauaufsichtsbehörde sind Ausnahmen.
Mit der Zustellung beginnt die einmonatige Rechtsmittelfrist zu laufen. Als Zustellungstag gilt in der Regel (Einschreiben)der 3 Wektag nach der Aufgabe des Briefes bei der Post. Ein nicht rechtzeitig (fristgemäß) eingelegter Rechtsbehelf ist grundsätzlich unzulässig. Bei Rechtsmitteln gegen Wohnbauvorhaben, die kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung haben und damit einen ungehinderten Baubeginn ermöglichen, kann der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ebenfalls nur innerhalb der Monatsfrist gestellt werden.s.Rechtsbehelfe. Hinweis: Eine fehlende Nachbarunterschrift bewirkt nicht die Ablehnung des Bauantrages. Umgekehrt sind die vollständigen Nachbarunterschriften keine Garantie für eine Baugenehmigung. Maßgebend ist immer, ob das Bauvorhaben mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, übereinstimmt. Aber es gibt auch Fälle, in denen die nachbarrechtliche Zustimmung für eine positive Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde ausschlaggebend sein kann, vor allem, wenn es um nachbarschützende Vorschriften bzw.um Abweichungen von solchen Vorschriften geht. Die Bauaufsichtsbehörde läßt eine Abweichung, z.B. für eine verringerte Abstandsfläche, eher zu, wenn der betroffene Nachbar einverstanden ist. Im Freistellungsverfahren erhält der Nachbar, der gegen ein Bauvorhaben ist, nicht zugestellt, denn in diesem Verfahren wird keine Baugenehmigung erteilt. Er kann aber bei begründeten Verdacht auf ein bauechtswidriges Verhalten des Bauherrn die Bauaufsichtsbehörde um Überprüfung bitten. Die Überprüfung liegt grundsätzlich im behördlichen Ermessen. Ein nachbarlicher Anspruch auf Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde besteht dann, wenn nachbarschützende Vorschriften verletzt werden, also wenn ein Bauherr nicht nur mit einer Baueinstellung und einem Ordnungswidrigkeitsverfahren, sondern möglicherweise auch mit einer Beseitigungsanordnung rechnen. Kommt die Bauaufsichtsbehörde der Bitte des Nachbarn auf Einschreiten nicht nach, so kann er Verpflichtungsklage beim zuständigen Verwaltungsgericht (für Unterfranken:Würzburg)erheben. In Eilfällen kann der Nachbar beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung beantragen, um seinen vorläufigen Rechtsschutz zu sichern und zu verhindern, daß der Bauherr inzwischen vollendeten Tatsachen schafft, die ihn in seinen öffentlichen Rechten verletzen.


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